Das Bauprojekt Pier 61 | 63

Investor Heskel Nathaniel, Vorsitzender der Geschäftsführung der Trockland Gruppe, beabsichtigt auf dem ehemaligen Todesstreifen hinter der East Side Gallery das Bauprojekt Pier 61 | 63 zu realisieren. Das Projekt hatte er zuvor von Investor Alon Mekel übernommen, der sich mit seinen Partnern überworfen hatte. 

Die Dimensionen von Pier 61 | 63

Pier 61 | 63 ist eine Kombination aus Hotel, Eigentumswohnungen und Gewerbe des Luxussegments. Nach dem aktuellen Planungsstand wird das Projekt 120 Meter lang sowie 9 Stockwerke hoch sein. Von den Dimensionen entspricht dies etwa einem quergelegten Allianz-Tower bei doppelter Breite. Eine Besonderheit des geplanten Projekts ist, dass Teile der verschiedenen Stockwerke zur Mühlenstraße hin über die East Side Gallery hinausragen werden.

Pier 61 | 63 und der Wowereit-Deal

Eine Ironie des Schicksals ist es zudem, dass das Bauprojekt nach den im Jahr 2013 geführten „Kompromissgesprächen“ nunmehr 9 statt der ursprünglich geplanten 7 Stockwerke hoch sein wird. Nach massiven internationalen Protesten gegen die Öffnung der East Side Gallery im Bereich des Brommy-Stegs sowie gegen die Errichtung des inzwischen fertiggestellten Luxuswohnturm „Living Levels“ hatte der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die beiden Bauprojekte zur Chefsache erklärt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit einigten sich damals die Eigentümer der beiden Bauprojekte „Living Levels“ (Maik Uwe Hinkel) und „Waterfront Living“ (Alon Mekel), heutiges Projekt Pier 61 | 63, darauf, eine gemeinsame Zufahrt zu nutzen. Da sich diese Zufahrt auf dem zweiten Grundstück befindet, durfte das Bauprojekt Pier 61 | 63 um zwei Stockwerke wachsen. Der Öffentlichkeit wurde seinerzeit versprochen, die aktuelle Zufahrt zum Luxuswohnturm „Living Levels“, für die das Gemälde HIMLEN OVER BERLIN von Karina Bjerregaard aus der Galerie gebrochen worden war, werde wieder geschlossen und das Gemälde würde an seinen ursprünglichen Standort zurückkehren.

„Geheimsache“ Brommy-Steg

HIMLEN OVER BERLIN von Karina Bjerregaard (1990 | 2009)

HIMLEN OVER BERLIN von Karina Bjerregaard (1990 | 2009)

Ob HIMLEN OVER BERLIN wieder an seinen ursprünglichen Standort zurückkehren wird, bleibt zu beobachten. Wie aus gut informierten Kreisen der Bezirksverwaltung zu erfahren war, existieren vertrauliche Pläne, im Bereich der im Jahr 2013 gebrochenen Bresche eine zweispurige Autobrücke mit beidseitigen Fußwegen über die Spree zu führen, die allerdings nur Taxen und Bussen vorbehalten sein werde.

Bemerkenswert, da die Verwaltung 2013 gegenüber der Öffentlichkeit erklärt hatte, der sogenannte Brommy-Steg werde als Fußgängerbrücke wiedererrichtet.

Allerdings wird die Verwaltung auch irgendwie dem zu erwartenden exponentiellen Verkehrswachstum in diesem Quartier gerecht werden müssen. In diesem Zusammenhang seien nur die Bauprojekte rund um den Alten Postbahnhof, die Mercedes Benz Arena mit mehreren 1000 Wohnungen und Arbeitsplätzen. sowie der geplante Zubringer zur A 100 erwähnt.

Welche Teile der East Side Gallery
müssen für Pier 61 | 63 raus?

Wie unsere hartnäckigen Recherchen ergeben haben, sollen für das Bauprojekt Pier 61 | 63 fünf weitere Segmente aus der East Side Gallery entfernt werden:

Die geplante Öffnung

Planskizze 1 mit gemeinsamer Zufahrt

Planskizze 2

Warum zerstört die Bebauung des ehemaligen Todesstreifens das ‚Denkmal‘ East Side Gallery?

„Für unsere Kinder muss es erfahrbar bleiben, dass die Menschen aus sich heraus in der Lage sind, selbst größte Weltkonflikte friedlich zu lösen …“

Uns geht es nicht allein, wie zu vermuten wäre, um die bauliche Integrität der East Side Gallery:

Die East Side Gallery ist als ehemaliges Teilstück der Berliner Mauer Teil des einstigen Eisernen Vorhangs, der die gesamte Welt in Ost und West teilte. Sie war somit Bestandteil einer die Welt umspannenden Grenze und muss als solche auch für künftige Generationen erfahrbar bleiben.

Würde das Bauprojekt Pier 61 | 63 mit seinen Dimensionen (9 Stockwerke bei 120 Metern Länge) realisiert, erschiene sie aus der Sicht eines Betrachters nicht mehr als ehemaliges Grenzbollwerk, sondern eher als Lärmschutzwand bzw. einer Art Gartenmauer des Projekts Pier 61 | 63.

Diese Sicht wird auch durch das Berliner Denkmalschutzrecht bestätigt. § 10 Denkmalschutzgesetz Berlin (DschG Bln) verbietet jedwede Bebauung, sofern ein Gebäude empfindlich in den Wirkbereich eines Denkmals eingreift. Im Fall des benachbarten Luxuswohnturms ‚Living Levels‘ hatten wir bereits im Jahr 2013 mittels einer Kritischen Analyse nachgewiesen, dass die geplante Bebauung des ehemaligen Todesstreifens einen derart empfindlichen Eingriff in den Wirkbereich des Denkmals East Side Gallery darstellt und daher aus gutem Grund eigendlich nach Berliner Denkmalschutzgesetz strikt verboten ist. Sie würde die East Side Gallery als Denkmal zerstören.

Geld für weitere ESG-Sanierung bewilligt

Wie der Tagesspiegel in seiner Ausgabe vom 19.01.2015 unter der Überschrift „Haushälter geben Geld für Sanierung“ berichtet, haben die Mitglieder im Haushaltsausschuss des Bundestages, Rüdiger Kruse (CDU) und Johannes Kahrs (SPD), dem Senat empfohlen, einen entsprechenden Antrag auf Förderung aus einem entsprechenden Sonderprogramm des Bundes zu stellen.

Denkanstoß für das Konzept eines „lebendigen“ Denkmals East Side Gallery vorgelegt

Grafik: Doro Tops

Grafik: Doro Tops

Die East Side Gallery ist ein Denkmal von unten – ein Symbol der Freude über die von den Bürgerinnen und Bürgern 1989 friedlich erkämpfte Freiheit. „Dieses Symbol dürfen wir uns von niemanden wegnehmen lassen“, meinen die Autoren des Denkanstoßes. Sie schlagen vor, die East Side Gallery zu einem „lebendigen Denkmal“ umzugestalten, damit auch künftige Generationen den freiheitlichen Geist des Jahres 1989 und die ihm immanente Kraft erfahren können. Gerade in der heutigen, zunehmend orientierungslosen Zeit, ginge von einem „lebendigen Denkmal“ East Side Gallery ein wichtiges, positives Signal aus. Aktuell reifende „offizielle“ Konzepte zur Zukunft des Denkmals East Side Gallery griffen zu kurz.

Link: Denkanstoß für das Konzept eines „lebendigen Denkmals“ East Side Gallery

Das Hotel an der East Side Gallery soll kommen !

Wie das Bündnis „East Side Gallery retten!“ aus gut informierten Kreisen der Senatskanzei erfahren hat, kommt der 120 Meter lange und nunmehr 9 Stockwerke (vor dem Wowereit-Kompromiss: 7 Stockwerke) hohe Hotelkomplex „Waterfront Living“ des Investors Alon Mekel „auf jeden Fall“.

Erneuter Rechtsbruch durch den Senat.

Dies bedeutet eine erneute Missachtung des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverbots des §10 Denkmalschutzgesetz Berlin durch den Berliner Senat. Bereits im September 2013 hatte das Bündnis „East Side Gallery retten!“ mit einer kritischen Analyse nachgewiesen, dass eine „Verbauung“ des freien Blicks in den „Geteilten Himmel“ über der East Side Gallery derart in den Wirkraum des Denkmals „East Side Gallery“ eingreift, dass sämtliche Bauvorhaben auf dem ehemaligen Todesstreifen eigentlich nicht genehmigungsfähig und daher nach Berliner Denkmalschutzrecht verboten sind.

Was tut der Bezirk?

Aus gut informierten Kreisen der Bezirksverwaltung Friedrichshain-Kreuzberg verlautete, dass der Berliner Senat inzwischen die gesamte Entscheidungskompetenz an sich gezogen habe. Bislang hatte sich der Bezirk geweigert, dem Investor eine über Bezirksgrund zu führende Feuerwehrzufahrt zu gestatten. Im Ergebnis scheiterte eine Baugenehmigung für das Hotel daher an einer entsprechenden Zustimmung des Bezirks, die aus Brandschutzgründen erforderliche Feuerwehrzufahrt über Bezirksgrund zu führen. Diese fehlende Zustimmung wird nunmehr durch den Senat ersetzt – der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg de facto enteignet.

Welche Gemälde kommen weg?

Wie verlautete, geht die Senatsverwaltung nach wie vor davon aus, dass es lediglich zu einer weiteren Öffnung der East Side Gallery auf etwa 6 Metern zwischen den beiden Bauprojekten „Living Levels“ (Luxuswohnturm) und „Waterfront Living“ (Hotel) kommen wird – also ein bis zwei Kunstwerke betroffen sein werden. Eine vom Bündnis „East Side Gallery retten!“ eingeforderte offizielle Stellungnahme der Oberen Denkmalschutzbehörde steht inzwischen seid drei Monaten aus. Es bleibt zu hoffen, dass eine ebenfalls vom Bündnis angeregte Anfrage im Abgeordnetenhaus über die Fraktion der  GRÜNEN  baldige Klärung bringt.

Einschätzung des Bündnisses „East Side Gallery retten!“

Das Bündnis „East Side Gallery retten!“ steht entgegen diesen Verlautbarungen weiterhin zu den Ergebnissen seiner Recherche, dass die East Side Gallery an zwei weiteren Stellen eingerissen wird und bis zu 9 Kunstwerke betroffen sein werden. Diese Befürchtungen sind im aktuellen Flyer nachzulesen.

Das Denkmal East Side Gallery

Die East Side Gallery ist in der Denkmalliste Berlin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt unter der Objektnummer 09040271 als Denkmal eingetragen. Dort heißt es:

„Hinterlandsicherungsmauer“ aus Elementen der „Grenzmauer 75“ East Side Gallery

„Unübersehbar ist der 1,3 km lange, mit 106 Bildern ausgestattete Mauerrest entlang der Spree. Die farbenfrohe und motivreiche East Side Gallery in der Mühlenstraße 45-80 gilt als bedeutendes Dokument der Zeitgeschichte.  Im Januar 1990 entdeckten 118 Künstler aus 21 Ländern diesen Abschnitt der zu DDR-Zeiten bewachten und daher – im Gegensatz zur Westberliner Seite – vollständig unbemalten bzw. unkommentierten Berliner Mauer als Malgrund. Sie gestalteten auf den Betonsegmenten die größte Open-Air-Galerie der Welt und schufen mit ihren individuellen Botschaften und Kommentaren ein Dokument dafür, daß Freiheit und Kreativität letztlich stärker sind als Zwangsmaßnahmen und Gewalt. Die East-Side-Gallery ist nicht nur sichtbares Resultat der Maueröffnung im November 1989. Infolge des inzwischen nahezu vollständigen Abrisses der Berliner Mauer zählt sie auch zu den wenigen Relikten der Grenzanlagen, die die fast dreißig Jahre währende Teilung der Stadt noch an ihrem ursprünglichen Standort wahrnehmbar machen.“

Literatur (bedeutendes Dokument der Zeitgeschichte) :

  • MacLean/ Mauerkatalog – East Side Gallery
  • Ritter, Jürgen/Lapp, Peter Joachim/ Die Grenze. Ein deutsches Bauwerk, Berlin 1998
  • Ritter, Jürgen/Lapp, Peter Joachim/ Die Grenze. Ein deutsches Bauwerk, Berlin 1998
  • Friedrich, Thomas/Hampel, Harry/ Wo die Mauer war, Berlin 1997
  • Camphausen, Gabriele u.a./ Eine Stadt wächst zusammen. 10 Jahre Deutsche Einheit/ Was aus der Berliner Mauer wurde. Berlin 1999
  • Cramer, Johannes/u.a. (Hg.)/ Forschungsprojekt des Fachgebietes Bau- und Stadtbaugeschichte der TU Berlin zur Berliner Mauer
    www.baugeschichte. a.tu-berlin.de/bg/ forschung/projekte/20jahrhundert/berlin_mauer.htm
  • Feversham, Polly/Schmidt, Leo/ Die Berliner Mauer heute. Denkmalwert und Umgang/The Berlin Wall Today. Cultural Significance and Conservation Issues. Berlin 1999
  • Flemming, Thomas/Koch, Hagen/ Die Berliner Mauer. Geschichte eines politischen Bauwerks. Berlin 1999
  • Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Hg.)/ Berliner Mauerstreifzüge. Auf politisch-historischen Spuren entlang des ehemaligen Grenzstreifens. Berlin 2003
  • Friedrich, Thomas/Hampel, Harry/ Wo die Mauer war. Berlin 1997 (1996)
  • Hammer, Manfred u.a. (Hg.)/ Das Mauerbuch. Texte und Bilder aus Deutschland von 1945 bis heute. Berlin 1981
  • Haupt, Michael/ Die Berliner Mauer. Vorgeschichte, Bau, Folgen. Literaturbericht und Bibliographie zum 20. Jahrestag des 13. August 1961. München 1981
  • Hertle, Hans-Hermann u.a./ Mauerbau und Mauerfall. Ursachen – Verlauf – Auswirkungen. Berlin 2002
  • Höynck, Rainer/ Was war was blieb was ist. Berliner Grenzübergänge fünf Jahre danach=
    Architektenkammer Berlin (Hg.)/ Architektur in Berlin. Jahrbuch 1995. Berlin 1995. S. 140-143
  • Jodock/ Die Mauer entlang. Auf den Spuren der verschwundenen Grenze. Berlin 1996
  • Klausmeier, Axel/Schmidt, Leo/ Mauerreste – Mauerspuren. Berlin/Bonn 2004
  • Lapp, Peter Joachim/Ritter, Jürgen/ Die Grenze – Ein deutsches Bauwerk. Berlin 1997
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hg.)/ Internetseiten zur Berliner Mauer (2005)
www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/denkmale_in_berlin/d e/berliner_mauer/index.shtml
  • Petschull, Jürgen/ Die Mauer. August 1961 bis November 1989. Vom Anfang und Ende eines deutschen Bauwerks. Hamburg 1989
  • Schmidt, Leo/Preuschen, Henriette von/ On Both Sides of the Wall. Preserving Monuments and Sites of the Cold War Era. Auf beiden Seiten der Mauer. Denkmalpflege an Objekten aus der Zeit des Kalten Krieges. Bad Münstereifel 2005
  • Schultke, Dietmar/ „Keiner kommt durch“. Die Geschichte der innerdeutschen Grenze 1945-1990. Berlin 1999
  • Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin/Landesdenkmalamt Berlin/Lehrstuhl für Denkmalpflege der BTU Cottbus/ Dokumentation der Reste und Spuren der Berliner Mauer. Berlin 2001-2003. (Unveröffentlichte Mappen)
  • Wolfrum, Edgar/ Die Mauer. In/ François, Etienne/Schulze, Hagen (Hg.)/ Deutsche Erinnerungsorte. Eine Auswahl (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 475). Bonn 2005. S. 385-401

Link zur Denkmalliste Berlin

Genehmigung des Luxuswohnturms „Living Levels“ verstößt gegen Berliner Denkmalschutz

Das Bauvorhaben „Living Levels“ des umstrittenen Investors Maik Uwe Hinkel ist nach dem Berliner Denkmalschutzgesetz eigentlich verboten. Aufgrund eines absoluten Genehmigungsverbotes, das in § 10 des Berliner Denkmalschutzgesetzes (DSchG Bln) festgeschrieben ist, hätten die Behörden das Bauvorhaben nicht genehmigen dürfen. Zu diesem Ergebnis kommt eine kritische Analyse des Bündnisses „East Side Gallery retten!“.

Aus der kritischen Analyse folgt, dass sich die Bezirksverwaltung Friedrichshain-Kreuzberg sowie die Senatsverwaltung im Fall der East Side Gallery von Anfang an über geltendes Denkmalschutzrecht hinweggesetzt haben. So hätten weder der zugrunde liegende Bebauungsplan entlang der East Side Gallery eine Bebauung vorsehen noch die Genehmigung zum Bau des Luxuswohnturms erteilt werden dürfen.

PDF: Kritische Analyse der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung des Bauvorhabens „Living Levels“ vom 30.08.2013